Edeka Brehm: Mit einer Tüte günstig den Gemüsevorrat gesichert

Oft werden wir von euch gefragt, wie Edeka eigentlich dieses scheinbar makellose Obst und Gemüse aussortiert und warum der Markt bisher Pionier in Berlin ist. Diese und andere Fragen beantwortet Herr Kaufmann, Leiter einer der innovativsten Edeka Filialen in Deutschland. Er verrät seine Tricks, wie er mit verschiedenen Ansätzen versucht die Verschwendung im eigenen Markt einzudämmen.

Edeka_VeggisWelche Produkte müssen bei Ihnen im Edeka-Markt besonders häufig entsorgt werden?

Vor allem sind es die Frischeprodukte, wie Fleisch, Molkereiprodukte und Obst und Gemüse. Hier ist oft das Mindesthaltbarkeitsdatum Grund dafür, dass Produkte aussortiert werden. Was abgelaufen ist, ist ja nicht per se schlecht, aber natürlich müssen wir uns hier an die rechtlichen Bedingungen halten. Und bei Obst und Gemüse reicht schon eine kleine Macke – und wir müssen die Produkte aussortieren. Jeden Morgen zwischen 6 und 7 Uhr, drehen wir unser ganzen Sortiment einmal von Links auf rechts und machen die Qualitätssicherung.

Man hört oft, dass die Ansprüche von uns Kunden Grund für die wachsenden Lebensmittelverschwendung ist. Stimmen Sie dem zu?

Im Grunde muss ich zustimmen. Qualität bedeutet heutzutage für den Kunden auch äußerlichen Glanz, und es muss dem Standard entsprechen. Glänzt ein Apfel nicht so wie der andere oder ist er kleiner oder größer als der Standard, greift der Kunde zu einem anderen Produkt. Zudem sind unsere Kunden absolut verwöhnt, was die Preise angeht. In Europa sind wir im Lebensmittelbereich immer noch 20-30% günstiger als unsere Partner. Und durch die niedrigen Preise können sich Kunden die Verschwendung auch leisten. Wussten Sie, dass ein Kunde bei uns durchschnittlich von einem 100€-Einkauf 20€ weg wirft?
Ein weiterer Punkt, der zu mehr Überschuss führt, ist dass unsere Kunden zu jeder Tageszeit mit vollen Regalen rechnen. Und diesen Trend müssen wir einfach mitgehen, sonst würden sich die Kunden beschweren und zur Konkurrenz gehen. Wir sind einfach zu verwöhnt mit der Allzeitverfügbarkeit und den niedrigen Preisen.

Was machen Sie in der Edeka Filiale gegen Lebensmittelverschwendung?

Ich kenne meine Kunden und weiß den Verkauf verschiedener Produkte strategisch durch farbliche Markierungen oder Positionierung zu beeinflussen. An einem Regentag zum Beispiel kommen die Produkte, die gerade nicht so gut laufen direkt neben den Kohl. Dann verkaufen sie sich besser. Und was sich auch durch solche Tricks nicht verkaufen lässt packen wir seit ein paar Monaten in Obst- & Gemüse oder Backwaren-Überraschungstüten und verkaufen diese am Folgetag für 2,50-3,00€ weiter. Unsere Kunden nehmen das Angebot sehr gerne an und ich freue mich, dass ich zumindest in diesen Produktkategorien Überschuss minimieren kann.

Was müsste sich ändern, damit es überhaupt keine Lebensmittel-Überschüsse mehr gibt?

Da habe ich eigentlich nur zwei relativ utopische Vorschläge: Zum einen die Preise anheben, damit die Wertschätzung der Lebensmittel steigt. Wenn ich nur 20ct für meinen Jogurt zahle, tut es mir leider auch nicht weh, wenn er in der Tonne landet. Und wir Supermärkte müssten unsere Bestellkultur aufbauen, die auch halbvolle Regale zulässt. Aber dahin sehe ich den Trend nicht gehen. Was die Weitergabe angeht haben wir ja bei ein paar Produktkategorien schon eine Lösung. Bei anderen, die zum Beispiel gekühlt werden müssen oder an der Frischetheke ausliegen, ist der Prozess der Weitergabe schon etwas komplexer.

Warum sind nicht alle Supermärkte darum bemüht aussortierte Produkte weiterzuverkaufen? Schließlich würden sie damit doch auch Geld verdienen?

Ja, aber dies bedeutet eine Umstellung in internen Prozessen, und davor schrecken viele Marktleiter zurück. Auch wir mussten unsere Mitarbeiter erstmal davon überzeugen, dass Essen retten eine gute Sache ist und einen guten Weg finden diesen neuen Prozess in die üblichen Prozesse einzugliedern. Aber inzwischen haben wir uns gut eingegrooved und es ist klar, was in die ResQ-Tüte gehört und was nicht. Wir wollen den Service auch gerne in andere Produktgruppen ausbauen, aber das kommt Schritt für Schritt. Schließlich sind wir in der Sache Vorreiter und müssen alle Erfahrungen erstmal selbst machen. Außerdem profitieren wir im Edeka Brehm am Kottbusser Damm natürlich davon, dass unsere Käufergruppe aus Kreuzberg und Friedrichshain auch bewusst mit dem Thema umgeht, denen Nachhaltigkeit wichtig ist und auch absolut begeistert sind. Das macht Lust auf mehr.

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